Während etwa die gotische Grabplatte in der christlichen
Kirche zentral Bild und Wappen des Verstorbenen zeigt und die Schrift auf
den rechteckigen Rahmen abgedrängt ist, ist bei jüdischen Steinen die Schrift
das formgebende Element. Sie bildet die Füllung; die Architektur des Steines
bildet ebenso wie das stets sehr zurückhaltende Ornament den Rahmen.

Auf den alten Steinen ist die Schrift häufig erhaben gestaltet (C 7).
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts treten auf der Rückseite deutschsprachige Angaben hinzu, zunächst nur der Name, dann auch Lebensdaten nach dem christlichen Kalender. Für einen längeren Zeitraum haben wir zweisprachige Steine, die Schauseite hebräisch, die Rückseite deutsch.


Der Grabstein für Eva Bürger, gestorben 1857 (K 2), zeigt nach Osten eine hebräische, nach
Westen eine deutsche Inschrift.
Seit 1900 wandern die deutschsprachigen Angaben von der Rückseite nach vorn unten und verdrängen im Laufe der Zeit das Hebräische immer mehr, bis es völlig verschwindet oder nur in wenigen kurzen Formeln überlebt.

Der Stein von Michaelis Calmsohn (U 2,
gestorben 191... (Datum verderbt) beschränkt
sich auf eine rein deutsche Inschrift.
Grabsteine mit hebräischem Text weisen ein relativ
einheitliches Grundschema auf. Alle Steine beginnen mit einer mit zwei
Anfangsbuchstaben abgekürzten Standardformel.
פ'נ P'N' Po Nikbar/Po Nikbera "Hier ist begraben ..."
Nach dieser formelhaften Einleitung folgt die Eulogie, also das Lob des oder der Verstorbenen. Das in biblischen und poetischen Wendungen formulierte Lob bezieht sich ganz auf den religiösen und sozialen Bereich. Berufsangaben fehlen; es finden sich aber Hinweise auf Funktionen innerhalb der jüdischen Gemeinde. Reichtum kommt nur dadurch zum Ausdruck, wenn er Folgen für Großzügigkeit und Wohltätigkeit gehabt hat. In der Regel folgt jetzt erst der Name, bei den Männern Vorname und Vatersname (z. B. Chaim Joseph, bei den verheirateten Frauen dazu Vorname und Vatersname des Ehegatten (z. B. Chawa, Frau des Samuel Bürger). Daran schließt sich das Todesdatum an.
Die Inschriften enden stets mit demselben mit fünf Anfangsbuchstaben abgekürzten formelhaften Segenswunsch, der in Anlehnung an 1. Samuel 25,29 formuliert ist.
ת'נ'צ'ב'ה TNZBH Tehi Nafscho/Nafscha Zerura Bizror Hachajim
"Seine/Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens".
Zur Anschauung sei eine Übersetzung von Stein C 7 gegeben.
"Hier ist begraben
Ein Mann, redlich, zum Lob
In seinen
Geschlechtern. Er zehrte von seiner Hände Arbeit, seine Thora
War sein Glauben.
Er hörte nicht auf mit Lernen
Bis zu seinem Tode. An jeder Stelle ist die Halacha
Wie er sie lehrte. Mit einem Kuss ging
Seine Seele heraus. Nach
ihm möge sein Verdienst bleiben. Das ist der
Thorakundige und Ausgezeichnete,
unser Lehrer und Meister
Elieser Leser, Sohn des Rabbi, unseres Lehrers
Meir
Aus Langenzenn. Er verstarb und wurde begraben
Am 2. Tag (Montag),
23. Ijar 509, nach der kleinen Zählung (1749).
Seine Seele sei eingebunden
in das Bündel des Lebens."