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Die Stadt Hameln und ihre Juden
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Die Vernichtung jüdischen Lebens - 1933 bis 1945

"Ausmietungen" und "Zwangseinweisungen" –
Leben in den Judenhäusern

Martha Cohn

Martha Cohn führte mit ihrer älteren Schwester Hertha ein kleines Geschäft für Damenputz in der Ritterstraße. Die kranke Schwester starb 1937. Der einzige noch lebende Angehörige, ihr Bruder Erich, war zu dieser Zeit schon in die USA emigriert. Ganz allein musste sie sich um die Bestattung der Schwester kümmern. Die Bestattung musste heimlich vor sich gehen. Für einen jüdischen Leichnam von einem Tischler einen Sarg zu bekommen, war ganz schwierig.

Martha gab das Putzgeschäft auf, wohnte nun in der Fischpfortenstraße 18. Sie lebte kümmerlich von Näharbeiten sowie von Übersetzungen ins Englische und Französische.

Scvhreiben E. Frankenstein
Schreiben von Emilie Frankenstein an den Oberbürgermeister vom
14.10.1940 (Quelle Stadtarchiv Hameln)
 
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Schreiben von Vermessungsrat Reiche
Schreiben von Vermessungsrat Reiche an Emilie Frankenstein vom 30.10.1940
(Quelle Stadtarchiv Hameln)

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Inzwischen hieß sie Martha "Sara" Cohn und trug die amtliche Kennnummer A 00043 - musste sie ins "Judenhaus" Neue Marktstraße 13 umziehen. Sie bewohnte dort zwei kleine schräge Dachkammern mit Blick auf die Hummenstraße.

Eine ältere Dame aus Hameln hat die Erinnerung an Martha Cohn aufbewahrt. Als Kind habe sie Martha Cohn im "Judenhaus" besucht, um ihr im Auftrag ihrer Eltern Näharbeiten und etwas Lebensmittel zu bringen. Besuch im "Judenhaus", Hilfe gar waren gefährlich. Das kleine Mädchen wusste nichts von der Gefahr. Seine Eltern halfen trotzdem, hatten auch 1937 geholfen, als es so schwer war, einen Sarg für die verstorbene Schwester Hertha zu beschaffen.

Eine Erinnerung an Martha Cohn ist der älteren Dame noch geblieben: eine Begegnung auf der Straße im Jahre 1941: Martha Cohn mit Davidstern, den sie mit der Handtasche zu verdecken sucht. Das kleine Mädchen will grüßen, Frau Cohn blickt weg, tritt auf die Straße, will das Mädchen nicht mit einem Gruß kompromittieren.

Gebetbuch
Jüdisches Gebetbuch

Nachdem Martha Cohn irgendwann im Jahre 1942 von der Polizei die Aufforderung bekommen hatte, sich zum Transport bereitzuhalten, bat sie die befreundete Familie, für sie einige Bücher aufzubewahren. Die Bücher – es handelte sich um jüdische Gebetsbücher und eine mehrbändige Ausgabe der Thora – seien ihr als Erinnerung an ihren Vater lieb und teuer. Nach dem Kriege möchte sie diese wieder abholen.

1942, im Alter von 47 Jahren, wurde Martha Cohn deportiert.

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© Bernhard Gelderblom Hameln